Der Vermieter hat als Gebäudeeigentümer grundsätzlich den anteiligen Verbrauch der Mieter als Nutzer an Wärme und Warmwasser zu erfassen sowie mindestens 50% der Heizungs- und Warmwasserkosten nach dem tatsächlichen Verbrauch der Mieter umzulegen, §§ 4 Abs. 1, 6 ff. Heizkostenverordnung.(HeizkostenV). Über diese Kosten ist nach mietrechtlichen Vorschriften jährlich abzurechnen, selbst wenn im Mietvertrag statt einer Umlage der Betriebskosten eine Betriebskostenpauschale vereinbart wurde. Schwierigkeiten ergeben sich immer dann, wenn die Ablesung der Zählerstände versäumt wurde oder verspätet erfolgte. Wie dann zu verfahren ist, lesen Sie hier.
Ablesung der Zählerstände versäumt oder verspätet: Welche Probleme sich daraus ergeben
Wurde die Ablesung der Zählerstände versäumt oder erfolgte diese verspätet, fehlen dem Vermieter die Grundlagen zur Berechnung der alljährlichen Abrechnung. Der Verbrauch des Mieters muss dann geschätzt werden, wobei sich die Frage stellt, auf welche Weise eine solche Schätzung erfolgt.
Daraus ergibt sich aber ein weiteres Problem. Werden die Heizungs- und Warmwasserkosten nicht nach Verbrauch bzw. nach den Vorschriften der HeizkostenV abgerechnet, steht dem Mieter das Recht zu, seinen verbrauchsabhängigen Anteil um 15% zu kürzen, § 12 Abs. 1 HeizkostenV. Dabei erstreckt sich das Kürzungsrecht auf die gesamten verbrauchsabhängigen Kosten ohne Berücksichtigung der Vorauszahlungen. Die Frage ist hier, wann genau der Mieter zu einer solchen Kürzung berechtigt ist.
Zur Beantwortung dieser Fragen kommt es darauf an, aus welchen Gründen die Ablesung der Zählerstände versäumt wurde oder verspätet erfolgte. Diese Gründe können technischer oder sonstiger zwingender Art sein, aber auch im Verhalten des Mieters oder Vermieters liegen.
1. Technische oder sonstige zwingende Gründe als Ursache der versäumten oder verspäteten Ablesung
Für den Fall, dass die ordnungsgemäße Verbrauchserfassung wegen eines Geräteausfalls oder aus einem sonstigen zwingenden Grund nicht möglich, bestimmt § 9a Abs. 1 HeizkostenV, auf welche Weise die Schätzung zu erfolgen hat. Danach ist der anteilige Verbrauch des Mieters zu ermitteln auf Grundlage
- des Verbrauchs der betroffenen Räume in vergleichbaren Zeiträumen oder
- des Verbrauchs vergleichbarer anderer Räume im jeweiligen Abrechnungszeitraum oder
- des Durchschnittsverbrauchs des Gebäudes oder der Nutzergruppe, also der betreffenden Mieter mit gleichartigen Erfassungsgeräten
Ausnahmsweise kann auch eine Schätzung auf Grundlage der Gradtagszahlen erfolgen, sofern der Vermieter über keine anderen Vergleichsdaten verfügt (Bundesgerichtshof (BGH), Urteil vom 16.11.2005, Az.: VIII ZR 373/04). Die Gradtagszahlen berücksichtigen den unterschiedlichen Heizbedarf zu den verschiedenen Jahreszeiten und werden vom Deutschen Wetterdienst ermittelt, woraus sich eine Gradtagszahlentabelle ergibt. Die Gradtagszahlen spielen speziell beim Mieterwechsel eine große Rolle. Einzelheiten dazu finden Sie hier.
Neben dem Geräteausfall sind sonstige zwingende Gründe nach 9a Abs. 1 HeizkostenV gegeben, wenn etwa
- ein Ablesefehler oder ein versehentliches Nichtablesen vorliegt und die Ablesung aus technischen Gründen nicht mehr nachgeholt werden kann (BGH, Urteil vom 16.11.2005, Az.: VIII ZR 373/04), weil beispielsweise die gemessenen Werte der elektronischen Zähler an den Heizköpern nach einer bestimmten Zeitspanne überschrieben werden
- ein Zähler fehlt (in dem Fall der Zähler für die Stromkosten der Heizungsanlage als Kosten deren Betriebsstroms: BGH, Urteil vom 20.08.2008, Az.: VIII ZR 27/07)
- der Heizkostenverteiler wegen der davor befindlichen Möblierung nicht abgelesen werden kann (Landgericht (LG) Berlin, Urteil vom 04.06.1996, Az.: 64 S 96/97)
Eine wiederholte Schätzung der Verbrauchswerte darf aber nicht erfolgen, wenn wegen defekter Zähler bereits in den beiden Jahren zuvorgeschätzt wurde, da die zugrunde gelegten Werte immer ungenauer werden(LG Hannover, Urteil vom 02.12.2010, Az.: 8 S 15/10).
Ist eine Schätzung nach § 9a HeizkostenV möglich und zulässig, darf der Mieter keine Kürzung seines verbrauchsabhängigen Anteils um 15% nach § 12 Abs. 1 HeizkostenV vornehmen (Oberlandesgericht (OLG) Düsseldorf, Urteil vom 11.03.2003, Az.: 24 U 74/04).
2. Verhalten des Mieters führt dazu, dass die Ablesung der Zählerstände versäumt wurde
Sofern die Erfassungsgeräter für eine Funk-Ablesung außerhalb der Mietwohnung nicht geeignet sind, muss der Mieter oder eine von ihm beauftragte Person zum Ablesetermin anwesend sein. Hier gelten folgende Regeln:
Der Vermieter oder die beauftragte Ablesefirma hat den Ablesetermin mindestens 10 Tage vorher bekannt zu geben (so etwa Ziffer 5 der Richtlinien zur Durchführung der verbrauchsabhängigen Heiz- und Wasserkostenabrechnung der Arbeitsgemeinschaft Heinz- und Wasserkostenverteilung e. V., Stand: März 2011), etwa durch einen gut sichtbaren Aushang im Hausflur. Wird der Mieter nicht angetroffen, ist ein zweiter Termin mit einer Vorankündigung von möglichst 14 Tagen einräumen (LG München I, Urteil vom 22.02.2001, Az.: 12 O 7987/00).
Umgekehrt muss der Mieter dem Vermieter oder der Ablesefirma den Zutritt zur Mietwohnung ermöglichen, damit die Zählerstände abgelesen werden können. Ist der Mieter am ersten Termin verhindert, braucht er aber noch keinen anderen damit zu beauftragen, den Zutritt zu seiner Wohnung zu gewähren. Dazu ist der Mieter erst beim zweiten Termin verpflichtet.
Hält sich der Vermieter nicht an diese Regeln, ist eine Schätzung unzulässig. Kümmert sich der Mieter dagegen dreimal nicht um die Einhaltung der Ablesetermine, darf grundsätzlich eine Schätzung des Verbrauchs erfolgen (LG München I, Urteil vom 22.02.2001, Az.: 12 O 7987/00; Amtsgericht (AG) Brandenburg, Urteil vom 04.10.2004, Az.: 32 (33) C 110/04). Bei einem dritten Termin kann der Mieter auch für die anfallenden Ablese- und Fahrtkosten schadensersatzpflichtig gemacht werden. Nach anderer Ansicht darf sogar bereits nach dem zweiten vom Mieter nicht wahrgenommenen Termin eine Schätzung der Verbrauchskosten erfolgen, sofern für den Fall der Nichtwahrnehmung eine Schätzung angedroht wurde (AG Meldorf, Urteil vom 21.10.2011, Az.: 81 C 1105/11).
Erfolgt eine Schätzung aufgrund der vom Mieter nicht eingehaltenen Ablesetermine, kann dieser keine Kürzung seines verbrauchsabhängigen Anteils um 15% nach § 12 Abs. 1 HeizkostenV vornehmen.
3. Verhalten des Vermieters führt dazu, dass die Ablesung der Zählerstände versäumt wurde
Schließlich kann es sein, dass aufgrund des Verhaltens des Vermieters oder der Ablesefirma die Ablesung der Zählerstände versäumt wurde. Wird der verbrauchsabhängige Teil des Mieters dann geschätzt, ist wie folgt zu unterscheiden:
Erfolgte zwar keine Ablesung der Zählerstände des Hauptzählers, wurde aber die Schätzung nach den Vorschriften der HeizkostenV durch das Versorgungsunternehmen vorgenommen, darf der Mieter seinenverbrauchsabhängigen Anteil nicht um 15% nach § 12 Abs. 1 HeizkostenV kürzen (AG Frankfurt/Main, Urteil vom 08.05.2008, Az.: 33 C 2550/07-30). Das gilt ebenso in den Fällen, in denen der Vermieter es nicht verschuldet hat, dass die Ablesung der Zählerstände versäumt wurde oder verspätet erfolgte.
Anders ist es dagegen, wenn der Vermieter etwa aufgrund von Sanierungsarbeiten eine generelle Pauschale für die Heizkosten erhebt, ohne trotz vorhandener Erfassungsgeräte verbrauchsabhängig abzurechen. Hier ist der Mieter zu einer Kürzung von 15% berechtigt. Außerdem darf der Vermieter hier keine Ablese- und Fahrtkosten geltend machen, da diese nicht angefallen sind. Das gilt auch in den Fällen, in dem trotz mehrfacher Reklamationen des Mieters keine Erfassungsgeräte angebracht werden oder vorhandene Geräte nicht instand gesetzt werden.