Hängen die Betriebskosten dabei vom erfassten Verbrauch ab, sind diese nach einem Maßstab umzulegen, der den unterschiedlichen Verbrauch berücksichtigt, § 556a Abs. 1 Satz 2 BGB. Dafür ist regelmäßig die Ablesung der Zählerstände erforderlich. Aus den verschiedensten Gründen ist das aber nicht immer möglich.
Unter bestimmten Voraussetzungen darf der Vermieter daher die Zählerstände bzw. den sich daraus ergebenden Verbrauch ausnahmsweise schätzen.
Ablesetermin: Das sind die gegenseitigen Rechte und Pflichten
Zunächst muss der Vermieter bzw. die beauftragte Ablesefirma den Ablesetermin mindestens zwei Wochen vorher bekannt geben und – falls der Mieter nicht angetroffen wird – einen weiteren Termin von möglichst nochmals zwei Wochen einräumen (Landgericht (LG) München I, Urteil vom 22.02.2001, Az.: 12 O 7987/00).
Umgekehrt ist der Mieter verpflichtet, dem Vermieter bzw. der Ablesefirma den Zutritt zu der Mietwohnung zu ermöglichen, damit die Zählerstände abgelesen werden können. Speziell bei besonders hohem Verbrauch kann der Vermieter sein Zutrittsrecht im Einzelfall sogar im Wege einer einstweiligen Verfügung durchsetzen, damit der Mieter nicht durch eine Schätzung günstiger gestellt wird (LG Köln, DWW 1985, 234). Bei einer Verhinderung zum ersten Termin braucht der Mieter allerdings noch keinen anderen damit zu beauftragen, den Zutritt zu seiner Wohnung zu gewähren. Dazu ist der Mieter erst beim zweiten Ablesetermin verpflichtet (LG Berlin, GE 1989, 39).
Wann die Zählerstände geschätzt werden dürfen
Erst wenn der Mieter auch bei den ordnungsgemäß angekündigten Ableseterminen nicht angetroffen wird, darf eine Schätzung der Zählerstände erfolgen (LG Berlin, Urteil vom 11.06.2007, Az.: 67 S 472/06). Daneben sind aber auch noch weitere Fälle möglich, in denen geschätzt werden kann:
- Ausfall der Ablesegeräte für die Heizung und/oder Warmwasserversorgung oder sonstige zwingende Gründe, warum hier eine Ablesung nicht möglich ist (etwa Verweigerung der Ablesung durch den Mieter), § 9a Abs. 1 Heizkostenverordnung (HeizkostenV)
- Der Heizkostenverteiler kann wegen der Möblierung nicht abgelesen werden (LG Berlin, Urteil vom 04.06.1996, Az.: 64 S 96/97)
- Ein Teil der Heizkosten sind die Stromkosten für die Heizungsanlage (Kosten des Betriebsstroms), die bei fehlenden Zählern zwar geschätzt werden können, aber nicht dem Allgemeinstrom (Hausstrom) zugerechnet werden dürfen (Bundesgerichtshof (BGH), Urteil vom 20.08.2008, Az.: VIII ZR 27/07)
Welche Zählerstände geschätzt werden dürfen
Wie geschätzt werden darf
Für die Heiz- und Warmwasserkosten ist die Art und Weise der Schätzung in § 9a Abs. 1 HeizkostenV vorgeschrieben. Danach kann der Vermieter eine Vergleichsberechnung durchführen, und zwar
- mit einem früheren Abrechnungszeitraum oder
- mit vergleichbaren anderen Räumen des Gebäudes im jeweiligen Abrechnungszeitraum oder des Durchschnittsverbrauchs des Gebäudes bzw. der betreffenden Nutzergruppe.
Der so gebildete Wert ist dann der Heizkostenabrechnung des betreffenden Mieters zugrunde zu legen. In der Praxis wird regelmäßig ein Mittelwert aus dem Verbrauch vergangener Abrechnungsperioden gebildet. Liegen solche Erfassungen nicht vor, kann der Verbrauch eines Zählers aus dem Durchschnittsverbrauch sämtlicher ablesbarer Zähler im Gebäude hergeleitet werden. Bei Heizkostenverteilern kann der Schätzwert noch genauer ermittelt werden, in dem nur Zähler aus gleichen Räumen berücksichtigt werden.
Bei der Schätzung des Wasserverbrauchs, der etwa durch eine defekte Wasseruhr nicht erfasst werden konnte, sind nur die verbrauchsabhängigen Kaltwasserkosten zu schätzen. Denn die Warmwasserkosten werden nach der HeizkostenV ermittelt.
Schätzung erfolgt: So muss die Betriebskostenabrechnung aussehen
Wie und auf welcher Grundlage der in Rechnung gestellte Verbrauch geschätzt wurde, hat der Vermieter anzugeben. Er muss also etwa bei einer Schätzung der Verbrauchswerte in der Heizkostenabrechnung die eingesetzten Werte und den Rechenweg zur Ermittlung des geschätzten Betrags
- innerhalb der Abrechnungsfrist
- rechnerisch nachvollziehbar darstellen
Fehlt es daran, ist die Abrechnung formell unwirksam (LG Hannover, Urteil vom 02.12.2010, Az.: 8 S 15/10).
Wie sich der Mieter gegen eine Schätzung wehren kann
Dagegen darf der Mieter jedoch die Abrechnung über die Heiz- und Warmwasserkosten nicht um 15% nach § 12 HeizkostenV kürzen, wenn er meint, die Schätzung verstoße gegen das Gebot der verbrauchsabhängigen Abrechnung. Das Kürzungsrecht besteht nur, wenn etwa keine Zähler installiert oder während des Abrechnungszeitraums nicht instand gesetzt werden, so dass der Vermieter gegen seine Pflicht zur verbrauchsabhängigen Abrechnung verstößt. Ist umgekehrt dagegen eine Schätzung nach § 9a HeizkostenV möglich und zulässig, besteht kein Kürzungsrecht (Oberlandesgericht (OLG) Düsseldorf, Urteil vom 11.03.2003, Az.: 24 U 74/04). Nur dann, wenn 25% aller Zähler für Heiz- bzw. Warmwasserkosten ausfallen, darf der Mieter bei einer nicht verbrauchsabhängigen Abrechnung von seinem Kürzungsrecht Gebrauch machen (Amtsgericht (AG) Köln, Urteil vom 10.10.1996, Az.: 222 C 233/96).
Sehr geehrter Herr Hundt,
bezugnehmend auf das von Ihnen angeführte Urteil des Landgerichts Hannover, 8 S 15/10, erlaube ich mir die Anfrage, wie mit einer Heizkostenabrechnung zu verfahren ist, wenn diese bereits drei Jahre auf Schätzungen beruht. Der Grund hierfür sind defekte Heizkostenverteiler, die vom Vermieter trotz Kenntnis des Defektes nicht ausgetauscht werden. Wie viele Jahre muss dieser Zustand hingenommen werden? Sind diesbezügliche Nachzahlungsbeträge aus der Nebenkostenabrechnung dann trotzdem noch zu zahlen?
Mit freundlichen Grüßen
S. Kramer
Hallo, wir sind Vermieter und es wurde leider durch Verschulden unserer Ablese- und Abrechnungsfirma 2 Jahre (2016 u. 2017) geschätzt. 2018 wurde dann wieder abgelesen und so mit aus meiner Sicht alles ausgeglichen. Nun möchte der Mieter jedoch wieder die Abrechnung als geschätzten Wert deklarieren und prozentual rechnen (über einen Mieterschutzbund). Bei dieser Rechnung kommt er günstiger, wie schon die letzten zwei Jahre. Mein Anwalt sagt jedoch, es ist, da 2018 abgelesen wurde, alles ausgeglichen und ein Wiederspruch von Seiten des Mieters nicht akzeptabel. Welcher Meinung sind Sie? Wer ist im Recht? Herzliche Grüße , Jeanne Rößler
Hallo, habe mir eine Wohnung am 01.11.2017 angeschafft und nun bekam ich die Wärmekostenabrechnung für 2018. Bei den Vorbesitzern wurde bis zum 01.11.2017 der Anfangs und Endwert 7 geschätzt und bei meiner Abrechnung wurde der Anfangswert. Dies ist mir aber nicht aufgefallen, da ich relativ neu in der Wohnung war und nicht nachzahlen musste. Somit sind die Werte für 2018 natürlich nicht richtig und ich muss viel nachzahlen. Wie kann ich da angehen ? Muss ich den Betrag Zahlung oder kann ich eine Vergleichsrechnung verlangen ?
Danke und Gruß
Bender
Guten Tag,
bei mir wurden die Heizkosten mit dem Hintergrund geschätzt, dass ich die beiden Ablesetermine nicht wahrnehmen konnte. Im Vergleich zum Durchschnitt der letzten Abrechnungszeiträume ist der Schätzwert allerdings ca. 3 mal so hoch. Wenn also im kommenden Jahr ordnungsgemäß abgelesen wird, habe ich dann einen Anspruch auf Verrechnung der überzahlten Abrechnung…? Vielen Dank für eine Info und viele Grüße
Karl-Heinz Metzger
Wir sind im August 2020 ein gezogen und haben nun die Abrechnung der Heizkosten erhalten.
2 Heizkörper wurden erneuert (Schlafzimmer /Bad) und versäumt Zähler anzubringen gen.
Eine Wohnungsübergabe hat statt gefunden.
Nurnmehr wurde der Verbrauch geschätzt.
Muss ich das so hinnehmen?
Es wurden bislang keine Zähler installiert, obgleich es spätestens durch die Ablesung zum Anfang des Jahres bekannt ist.
Mit freundlichen Grüßen
Birgit Fohrmann
Hallo Birgit,
belesen Sie sich zum Thema Kürzungsrecht bei Schatzung (15%).
Viele Grüße
Dennis Hundt
Für den Abrechnungszeitraum 2019 wurde der Zählerstand (elektronischer HKV) eines Gerätes geschätzt. Ein Austausch oder Reparatur erfolgte nicht. Für 2020 wurde der Zählerstand des gleichen Gerätes erneut geschätzt. Außerdem der Stand eines weiteren Gerätes.
Ist die Schätzung über zwei aufeinanderfolgende Abrechnungszeiträume rechtens?
Hallo Herr / Frau Gräwert,
Ziel sollte es sein, das Gerät zu tauschen / zu reparieren. Jetzt ist das Kind und en Brunnen gefallen. Recherchieren Sie nach Ihrem Kürzungsrecht vom 15% bei Schätzung.
Viele Grüße
Dennis Hundt