Im Mietrecht existieren zahlreiche Fristen, nach deren Ablauf der Vermieter eine Nachforderung aus der Betriebskostenabrechnung (Nebenkostenabrechnung) nicht mehr geltend machen kann.
Ebenso kann es in eher seltenen Fällen passieren, dass Mieter den Anspruch auf ein etwaiges Guthaben aus der Betriebskostenabrechnung wegen der eingetretenen Verjährung verloren haben.
Generell ist in den Fällen, in denen wegen Zeitablaufs eine Nachzahlung oder ein Guthaben nicht mehr geltend gemacht werden kann, zwischen Ausschlussfristen, Verjährungsfristen und der sogenannten Verwirkung zu unterscheiden. Daneben stellt sich die Frage, innerhalb welcher Frist die Betriebskostenabrechnung zu erstellen ist.
Forderungen: Ausschlussfristen gelten nur für den Vermieter (Abrechnungsfrist)
Der Vermieter ist verpflichtet, dem Mieter spätestens 12 Monate nach Ende der Abrechnungsperiode die Betriebskostenabrechnung schriftlich mitzuteilen, § 556 Abs. 3 Bürgerliches Gesetzbuch (BGB). Geschieht dies nicht oder ist die Abrechnung innerhalb dieser Ausschlussfrist formell nicht ordnungsgemäß, hat der Vermieter grundsätzlich keinen Anspruch mehr auf eine etwaige Nachzahlung.
Nur wenn den Vermieter kein Verschulden daran trifft, die Abrechnung nicht binnen der 12 Monat-Frist erstellt zu haben (etwa verspätete Jahresrechnung des Stromlieferanten), darf die Abrechnung auch später erfolgen. In diesem Fall muss der Vermieter die Abrechnung jedoch innerhalb von drei Monaten nach dem Wegfall des „Verspätungsgrundes“ erstellen (Bundesgerichtshof (BGH), Urteil vom 26.07.2006, Az.: VIII ZR 220/05).
Folge der grundsätzlichen 12-monatigen Ausschlussfrist für den Vermieter ist, dass ein Mieter von diesem eine trotz verspäteter Abrechnung geleistete Nachzahlung wieder zurückverlangen kann (BGH, Urteil vom 18.01.2006, Az.: VIII ZR 94/05).
Dagegen gibt es für den Mieter keine Ausschlussfrist für Ansprüche auf ein etwaiges Guthaben. Weist also eine dem Mieter nach Ablauf der 12-Monats-Frist zugegangene Abrechnung ein Guthaben aus, steht ihm dieses zunächst auch weiterhin zu (BGH, Urteil vom 09.04.2008, Az.: VIII ZR 84/07).
Davon zu trennen ist der Umstand, dass Mieter nach 12 Monaten ab dem Zugang der Betriebskostenabrechnung mit Einwendungen gegen diese ausgeschlossen sind, also eine Ausschlussfrist für Einwendungen des Mieters gegen die Abrechnung besteht, § 556 Abs. 3. Satz 5 BGB.
Verjährungsfristen und Verwirkung: Diese Spielregeln gelten für Vermieter
Die regelmäßige Verjährungsfrist beträgt drei Jahre, § 195 BGB, und beginnt in der Regel mit dem Schluss des Jahres, in dem der Anspruch entstanden ist, § 199 Abs. 1 BGB. Dies gilt auch für die Nachforderung von Betriebskosten.
Beispiel:
Erstellt also ein Vermieter am 17.01.2013 für seine Mieter die Betriebskostenabrechnung für das Jahr 2012, beginnt die Verjährungsfrist für seine Nachzahlungsansprüche am 31.12.2013. Zahlt der Mieter nicht, muss der Vermieter seine Forderungen bis zum 31.12.2016 gerichtlich geltend gemacht haben (Mahnbescheid oder Zahlungsklage). Entscheidend ist dabei, dass der Mahnbescheid oder die Klage bis zum 31.12.2016 bei Gericht eingegangen ist (zur Not reicht der Einwurf in den Nachtbriefkasten des oder ein bis 24:00 Uhr vollständig eingegangenen Fax beim zuständigen Gericht). Erfolgt dies nicht, ist der Anspruch des Vermieters verjährt.
Diese an sich klare Regelung der Verjährungsfrist wird leider verschiedentlich durch die sogenannte Verwirkung durchbrochen. Verwirkung bedeutet, dass
- ein Recht vom Berechtigten längere Zeit nicht geltend gemacht wird und
- der Verpflichtete darauf vertraut hat und vertrauen durfte,
- dass der Berechtigte auch künftig sein Recht nicht ausüben wird.
Gesetzlich geregelt ist die Verwirkung nicht. Sie stellt eine von der Rechtsprechung entwickelte Ausprägung des Grundsatzes von Treu und Glauben nach § 242 BGB dar.
In der Praxis kann die Verwirkung dazu führen, dass der an sich der dreijährigen Verjährungsfrist unterliegende Nachzahlungsanspruch des Vermieters bereits zu einem früheren Zeitpunkt verwirkt ist. So hatte ein Mieter die Betriebskosten-Nachzahlung des Vermieters durch einen Rechtsanwalt zurückweisen lassen. Ohne hierauf irgendwann einzugehen, erhob der Vermieter erst zweieinhalb Jahre später eine Zahlungsklage. Das Landgericht (LG) Berlin wies die Klage wegen Verwirkung ab, da aufgrund der langen Zeitspanne und des Vermieter-Schweigens der Mieter davon ausgehen durfte, dass der Vermieter an der Nachforderung kein Interesse mehr habe (LG Berlin, Urteil vom 16.10.2001, Az.: 64 S 158/01).
Um der „Verwirkungsfalle“ zu entgehen, empfiehlt es sich daher für Vermieter, etwaige Nachzahlungszahlungsansprüche möglichst zeitnah sowohl außergerichtlich anzumahnen als auch gerichtlich durchzusetzen.
Auf welche Verjährungsfristen der Mieter achten muss
Auch wenn der Mieter aufgrund einer verfristeten Betriebskostenabrechnung weiterhin seinen Anspruch auf Auszahlung des Guthabens gegen den Vermieter besitzt: Die dreijährige Verjährungsfrist nach §§ 195, 199 Abs. 1 BGB gilt auch für Mieter.
Im Klartext bedeutet dies: Erhält ein Mieter die sein Guthaben ausweisende Betriebskostenabrechnung für das Jahr 2010 etwa erst am 20.11.2012, ist zwar die Ausschlussfrist für den Vermieter bereits ablaufen. Davon unberührt behält der Mieter jedoch seinen Anspruch auf Auszahlung des Guthabens weiterhin. Zahlt der Vermieter nicht, muss der Mieter seinen Anspruch nach Beginn der Verjährungsfrist am 31.12.2012 spätestens bis zum 31.12.2015 bei Gericht anhängig gemacht haben.
Wenn der Vermieter einfach keine Abrechnung erstellt
Richtig „bunt“ angesichts der verschiedenen Arten von Fristen wird es erst, wenn der Vermieter sich schlichtweg weigert, überhaupt eine Betriebskostenabrechnung zu erstellen. Grundsätzlich gilt hier Folgendes:
Meistens sind seitens der Mieter Nachzahlungen zu leisten, so dass der Vermieter sich mit der verweigerten Betriebskostenabrechnung selber schadet. Im Übrigen gilt die 12-monatige Ausschlussfrist, nach deren Ablauf der Vermieter keine Nachzahlungen mehr fordern kann.
Ist der Mieter jedoch der Meinung, die Betriebskostenvorauszahlungen seien zu hoch gewesen oder möchte er einfach nur Klarheit haben, kann er den Vermieter auf die Erstellung einer Betriebskostenabrechnung verklagen. Allerdings gilt auch hier wieder die dreijährige Verjährungsfrist nach §§ 195, 199 Abs. 1 BGB (Amtsgericht (AG) Schöneberg, Urteil vom 19.3.09, Az.: 109 C 527/08).
Das bedeutet Folgendes:
Hat etwa ein Vermieter die Nebenkostenabrechnung für das Jahr 2009 kommentarlos verweigert, beginnt die dreijährige Verjährungsfrist mit dem Schluss des Kalenderjahrs, in dem der Mieter seinen Anspruch auf Erteilung einer Nebenkostenabrechnung erstmals klageweise durchsetzen kann. Nach § 556 Abs. 3 BGB kann und muss der Vermieter die Nebenkostenabrechnung für das Jahr 2009 innerhalb von 12 Monaten, also bis zum 31.12.2010, dem Mieter zugestellt haben. Der Anspruch des Mieters auf Erteilung einer Abrechnung wird daher erst nach dem versäumten Abrechnungstermin fällig, also am 01.01.2011. Damit begann die dreijährige Verjährungsfrist am 31.12.2011. Folge daraus ist, dass der Mieter seine Leistungsklage auf Abrechungserteilung für das Jahr 2009 bis zum 31.12.2014 beim zuständigen Amtsgericht geltend machen muss.
Ein „Schmankerl“ gibt es dann noch dadurch, dass der Rückzahlungsanspruch des Mieters erst dann fällig wird, wenn der Vermieter die Nebenkostenabrechnung erstellt hat (BGH, Beschluss vom 19.12.1990, Az.: VIII ARZ 5/90):
Würde also der die Nebenkostenabrechnung für das 2009 verweigernde Vermieter dann doch während des laufenden Prozesses etwa im August 2014 die Abrechnung erstellen und trotzdem nicht zahlen, kann der Mieter aufgrund der dreijährigen Verjährungsfrist den Vermieter noch bis zum 31.12.2017 auf Zahlung verklagen.
Sind Sie als Mieter oder Vermieter von solchen oder ähnlichen Fristenkonstellationen betroffen, sollten Sie einen erfahrenen Rechtsanwalt bzw. einen Fachanwalt für Mietrecht hinzuziehen.
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