Widerspruch gegen Betriebskostenabrechnung: Was das genau bedeutet
Sind Betriebskostenvorauszahlungen im Mietvertrag vereinbart und hat der Vermieter in der für ihn grundsätzlich geltenden Frist von 12 Monaten nach dem Ende des Abrechnungszeitraums den Mietern die Betriebskostenabrechnung zugestellt, können die Mieter die Abrechnung überprüfen. Dazu hat der einzelne Mieter nach dem Erhalt der Betriebskostenabrechnung 12 Monate Zeit. In dieser Zeit hat der Mieter die Möglichkeit, seine Einwendungen gegen die Abrechnung dem Vermieter mitzuteilen, § 556 Abs. 3 Satz 5 Bürgerliches Gesetzbuch (BGB).
Dabei kennt das Gesetz den „Widerspruch“ nicht, sondern spricht von „Einwendungen“. In der Praxis sind aber mit dem Begriff „Widerspruch“ diese Einwendungen gemeint.
Hat der Mieter für die Mitteilung von Einwendungen die 12-Monatsfrist versäumt oder keine erhoben, ist er grundsätzlich mit dem Widerspruch ausgeschlossen, kann also keinen Widerspruch mehr geltend machen. Die 12-monatige Einwendungsfrist wird daher auch als (Einwendungs)Ausschlussfrist bezeichnet.
Eine Ausnahme besteht aber, wenn der Mieter die Ausschlussfrist unverschuldet nicht wahrnehmen kann, § 556 Abs. 3 Satz 6 BGB. Das ist etwa möglich, wenn der Mieter plötzlich und unerwartet schwer erkrankt oder der Vermieter ihm die Einsichtnahme in die der Betriebskostenabrechnung zugrundeliegenden Belege verweigert. In solchen Fällen darf der Mieter auch noch nach Ablauf der Ausschlussfrist der Abrechnung widersprechen. Dafür dürfte eine Frist von drei Monaten nach dem Wegfall des Hinderungsgrunds (also beispielsweise der Genesung oder der Einsichtnahme in die Belege) anzusetzen sein (so jedenfalls für den Vermieter: Bundesgerichtshof (BGH), Urteil vom 05.07.2006, Az.: VIII ZR 220/05).
Die Ausschlussfrist für die Erhebung des Widerspruchs ist nicht zu verwechseln mit der Fälligkeit der Nachforderung aus der Betriebskostenabrechnung. Während der Mieter also regelmäßig 12 Monate Zeit zur Überprüfung der Abrechnung hat, ist die Nachforderung sofort fällig. Das heißt, der Mieter muss innerhalb von 30 Tagen zahlen, vgl. § 286 Abs. 3 BGB, sofern der Vermieter in der Betriebskostenabrechnung bzw. im Begleitschreiben keine frühere Zahlung verlangt (etwa binnen 14 Tagen).
Zahlt der Mieter nun auf die Nachforderung, kann er innerhalb der 12-monatigen Ausschlussfrist trotzdem der Abrechnung widersprechen. Die Zahlung ist also kein Schuldanerkenntnis dergestalt, dass die Abrechnung korrekt wäre (BGH, Urteil vom 12.01.2011, Az: ZR VIII 269/09). Dennoch sollte der Mieter auf der Überweisung vorsichtshalber vermerken, dass die „Zahlung unter Vorbehalt“ erfolgt
Das gilt für Form und Inhalt beim Widerspruch gegen die Betriebskostenabrechnung
Inhaltlich sind die Anforderungen an den Widerspruch aber wesentlich höher. Ins Blaue aufgestellte Behauptungen wie etwa „Das geht auch billiger“ oder „viel zu teuer“ reichen bei weitem nicht. Vielmehr muss der Widerspruch für den Vermieter genauso überprüfbar sein wie die Betriebskostenabrechnung für den Mieter. Daher ist es erforderlich, dass der Mieter in seinem Widerspruch konkret darlegt und begründet, welche Betriebskosten warum zu hoch sein sollen. Dazu wird vom Mieter sogar verlangt, dass er vor der Erhebung des Widerspruchs beim Vermieter die Kostenbelege einsieht, sofern es sich nicht um offensichtliche formelle Mängel in der Betriebskostenabrechnung handelt (Oberlandesgericht (OLG) Düsseldorf, Urteil vom 22.06.2006, Az.: I-10 U 164/05).
Der Vermieter hat dem Mieter Einsicht in die Belege zu gewähren. Dabei hat der Mieter die Belege grundsätzlich beim Vermieter einzusehen (BGH, Urteil vom 08.03.06, Az.: VIII ZR 78/05). Dem Mieter wird allerdings zugestanden, die Belege ausgiebig zu prüfen (2,5 Stunden, so Amtsgericht (AG) München, Urteil vom 07.07.2006, Az.: 453 C 26483/05), und darf diese sogar zu fotografieren. Da die Beweislast für die Richtigkeit der Betriebskostenabrechnung beim Vermieter liegt, muss dieser dem Mieter auch Einsichtnahme in die Ablesebelege der anderen Mieter gewähren (BGH, Urteil vom 07.02.2018, Az.: VIII ZR 189/17).
Eine Zusendung der Belege an den Mieter kommt nur in Ausnahmefällen in Betracht, etwa wenn die Entfernung zum Wohnort zum Vermieter sehr weit ist oder dem Mieter aus gesundheitlichen Gründen die Einsichtnahme beim Vermieter nicht zuzumuten ist. Der Vermieter darf dann aber Kostenerstattung fordern regelmäßig 0,25 Euro pro Seite, so etwa Landgericht (LG) Berlin, Urteil vom 11.6.2014, Az.: 65 S 233/13).
Darauf kann der Mieter seinen Widerspruch gegen die Betriebskostenabrechnung stützen
Der Mieter kann seinen Widerspruch gegen die Betriebskostenabrechnung bereits darauf stützen, dass die Abrechnung formell nicht ordnungsgemäß ist. Dies bedeutet, dass der Mieter als juristischer und betriebswirtschaftlicher Laie die Angaben des Vermieters nicht ohne weiteres nachvollziehen und verstehen kann.
Anforderungen an die formelle Ordnungsmäßigkeit sind etwa
- schriftliche, verständliche, nachvollziehbare oder prüfbare Abrechnung
- Angabe der Gesamtkosten einschließlich deren Zusammensetzung
- Mitteilung des Umlageschlüssels (Kostenverteilungsschlüssel), also Angaben über die Umlage nach Wohnfläche, Personenzahl, Wohneinheiten, Verbrauch oder Miteigentumsanteilen einschließlich des Verteilerschlüssels für die Heizkosten
- Berechnung des vom Mieter jeweils zu zahlenden Kostenanteils der einzelnen Betriebskosten, wobei es zulässig ist, wenn Kostenarten mit demselben Umlageschlüssel zunächst addiert werden und erst danach der Kostenanteil gebildet wird (BGH, Urteil vom 25.04.2017, Az.: VIII ZR 237/16)
- Angabe der vom Mieter tatsächlich erbrachten Betriebskostenvorauszahlungen
- richtiger Abrechnungszeitraum und richtige Dauer des Abrechnungszeitraums von grundsätzlich 12 Monaten
- korrekte Abrechnungseinheiten
- nachvollziehbare Umrechnungswerte, Teiler oder Vervielfältiger
- keine Zusammenfassung mehrerer Betriebskostenarten wie etwa Grundsteuer und Straßenreinigung (BGH, Beschluss vom 24.01.2017, Az.: VIII ZR 285/15)
Keine formellen Mängel sind etwa, dass der Mieter mehrfach hin und her blättern muss, um die auf mehrere Seiten verteilten Rechenschritte nachvollziehen zu können (BGH, Urteil vom 19.07.2017, Az.: VIII ZR 3/17) oder dass der Vermieter die gesondert nach Kostenarten aufgeführten Kosten nur einzeln angegeben hat, ohne für jede Kostenart eine Summe auszuweisen (BGH, Beschluss vom 25.04.2017, Az.: VIII ZR 237/16).
Darüber hinaus kann die Betriebskostenabrechnung inhaltlich fehlerhaft sein, was meist dazu führt, dass die vom Mieter gezahlten Betriebskosten zu hoch sind. Zu den inhaltlichen Fehlern gehören insbesondere
- Angabe einer falschen Wohnfläche
- Aufnahme nicht umlagefähiger Positionen und Kosten
- doppelte Berechnung von Kosten (speziell beim Hausmeister)
- fehlerhafte Anwendung des Umlageschlüssels
- Miteinbeziehung der Kosten für leerstehende Wohnungen
- Nichtbeachtung des Grundsatzes der Wirtschaftlichkeit
- Nichtberücksichtigung des Gewerbeanteils beigemischter Nutzung
- Zugrundelegung falscher Zahlenwerte
Auch in diesen Fällen, die der Mieter im Widerspruch konkret darzulegen und zu begründen hat (was regelmäßig eine Belegeinsicht beim Vermieter erfordert), sind die Einwendungen des Mieters rechtens.