Der Winterdienst, also die Bekämpfung von Eis und Schnee, obliegt eigentlich den Gemeinden. Zahlreiche Gemeinden haben diese Verpflichtung jedoch durch die jeweilige Gemeindesatzung (Straßenreinigungssatzung) auf die Immobilieneigentümer delegiert. Hinzu kommt, dass die Eigentümer für den Winterdienst auf den privaten Zuwegen und Zufahren auf ihren Grundstücken selber verantwortlich sind. Vermieten Eigentümer ihre Immobilie, können sie den Winterdienst an ihre Mieter abgeben. Was dabei zu beachten ist und wie eine Mustervereinbarung zur Übertragung des Winterdienstes auf die Mieter lautet, erfahren Sie in in diesem Artikel.
Winterdienst an Mieter abgeben: Klare Vereinbarung erforderlich
Obliegt dem Vermieter der Winterdienst, haftet er mit allen Konsequenzen. Kommt etwa ein Fußgänger auf dem Bürgersteig vor dem Objekt zu Fall, weil nicht gestreut wurde, kann das Schadensersatzansprüche gegen den Vermieter nach sich ziehen. Voraussetzung dafür ist allerdings, dass der Vermieter seine Verkehrssicherungspflichten schuldhaft, also aus vom Ihm zu vertretenden Gründen, verletzt hat.
Wird der Winterdienst an Mieter abgegeben, wird diesen die damit zusammenhängende Verkehrssicherungspflicht übertragen. Dazu ist allerdings eine klare und eindeutige Vereinbarung zwischen Vermieter und Mieter erforderlich. In der Praxis geschieht das regelmäßig durch eine formularmäßige Klausel im Mietvertrag. Rechtens ist es aber auch, wenn der Mietvertrag ausdrücklich auf die Hausordnung Bezug nimmt, in der der Winterdienst geregelt ist. Dabei setzen die Gerichte voraus, dass die Pflichtübergabe ausdrücklich benannt und ein Zeitplan für die Mieter aufgestellt wird, aus dem hervorgeht, wann welcher Mieter für den Winterdienst zuständig ist (Oberlandesgericht (OLG) Frankfurt, Urteil vom 22.09.1988, Az.: 16 U 123/87; Landgericht (LG) Karlsruhe, Urteil vom 30.05.2006, Az.: 2 O 324/06).
Ist dagegen im Mietvertrag bzw. in der Hausordnung lediglich formuliert, dass „alle behördlichen und polizeilichen Pflichten zu beachten“ sind, ist dies zu unbestimmt (LG Stuttgart, Urteil vom 27.01.1988, Az.: 5 S 210/87). Ebenso reicht der bloße Einwurf eines „Schnellplans“ in die Hausbriefkästen der Mieter ohne eine entsprechende mietvertragliche Regelung nicht aus, für die Mieter eine Verpflichtung zum Winterdienst zu begründen (OLG Hamm, Urteil vom 21.12.2012, Az: I-9 U 38/12).
Danach sind Vermieter auf der sicheren Seite, wenn sie so den Winterdienst an Mieter abgeben, dass unter ausdrücklicher Benennung der Pflichtübergabe und der Aufstellung eines Zeitplans
- eine Klausel im Mietvertrag enthalten ist oder
- der Winterdienst zwar in der Hausordnung geregelt ist, aber die Verpflichtung zu dessen Ausübung in einer eigenen Klausel im Mietvertrag erwähnt wird, in der Klausel auf die Hausordnung verwiesen wird und die Hausordnung als Anlage zum Mietvertrag übergeben wird
Ältere und kranke Mieter: Verpflichtung zum Winterdienst fraglich
Haben Mieter ein hohes Alter, sind sie längerfristig schwer erkrankt oder leiden sie an einer Behinderung, sind sie in der Regel dauerhaft zum Winterdienst nicht imstande. In diesen Fällen dürfen nach Auffassung einiger Gerichte die Mieter die Bekämpfung von Eis und Schnee verweigern (LG Köln, Urteil vom 30.08.2012, Az.: 1 S 52/11; Amtsgericht (AG) Viersen, Urteil vom 28.01.2014, Az.: 34 C 82/13; AG Hamburg-Altona, Urteil vom 30.08.2006, Az.: 318A C 146/06).
Da aber unklar ist, ob alle Gerichte so entscheiden, sollten die betroffenen Mieter Rücksprache mit dem Vermieter halten und sich schriftlich bestätigen lassen, dass der Winterdienst für sie nicht gilt. Andernfalls besteht für die Mieter zum einen das Risiko, dass der Vermieter sie wegen des Verstoßes gegen mietvertragliche Pflichten abmahnt und nachfolgend sogar kündigt. Zum anderen drohen ihnen Schadensersatzansprüche von Personen, die sich auf den nicht geräumten und gestreuten Wegen und Flächen verletzen.
Mieter im Erdgeschoss: Unklare Rechtslage
Ob Vermieter allein den im Erdgeschoß wohnenden Mietern den Winterdienst aufbürden können, ist unklar. Das wurde in dem Fall wegen eines Verstoßes gegen den Grundsatz von Treu und Glauben als unzulässig erachtet, wenn drei von 24 Parteien mit einer solchen erheblichen Pflicht und einem hohen Haftungsrisiko belastet werden. Darin soll eine unangemessene Ungleichbehandlung der drei Parteien liegen (AG Köln, Urteil vom 14.09.2011, Az.: 221 C 170/11).
Demgegenüber soll eine Abwälzung des Winterdienstes allein auf die Erdgeschossmieter zulässig sein, wenn es sich um ein sechs-Parteien-Haus handelt, dass in einer schneearmen Region liegt. (LG Köln, Urteil vom 25.07.2013, Az.: 1 S 201/12). Ob das Gericht genauso entschieden hätte, wenn das Mietobjekt in einem Gebiet mit ständig starkem Schnellfall gelegen hätte, ist fraglich.
Vermieter sollten sich daher unnötige Auseinandersetzungen ersparen und den Winterdienst an die Mieter aller Etagen abgeben.
Wozu vom Winterdienst betroffene Mieter verpflichtet sind
Regelmäßig sollten die vom Winterdienst betroffenen Mieter diesen so verrichten, wie das im Mietvertrag bzw. in der Hausordnung vorgegeben ist. Ist dort hinsichtlich der Räum- und Streupflicht nichts Näheres bestimmt, gelten folgende Faustregeln:
- Schnee zu räumen bzw. bei Eisglätte zu streuen ist werktags in der Zeit von 7:00 Uhr bis 20:00 Uhr sowie sonn- und feiertags in der Zeit von 9:00 bis 20:00 Uhr.
- Zu räumen und zu streuen sind der Bürgersteig vor dem Objekt, der Zuweg zur Haustüre, zu Mülltonnen und Garagen sowie etwaige Treppen auf dem Grundstück, auf dem sich das Mietobjekt befindet
- Die Breite, in der der Schnee zu räumen bzw. bei Eisglätte zu streuen ist, sollte so bemessen sein, dass zwei sich begegnende Personen mit Einkaufstaschen problemlos aneinander vorbeigehen können. An Bushaltestellen, Garageneinfahrten und ähnlichem sollte die Breite größer sein.
- Als Streumittel sollten abstumpfende Mittel wie etwa Sand oder Granulat verwendet werden, da Streusalz meistens verboten ist
Das Nähere ergibt sich aus den Gemeindesatzungen, auf die in der Klausel im Mietvertrag bzw. in der Hausordnung in aller Regel verwiesen wird.
Im Übrigen muss der Mieter, der am Winterdienst verhindert ist (etwa wegen Urlaub oder Erkrankung) grundsätzlich für eine Vertretung sorgen.
Das sind die Kontroll- und sonstigen Pflichten des Vermieters beim Winterdienst
Hat der Vermieter den Winterdienst auf die Mieter übertragen, muss er zumindest stichprobenartig kontrollieren, ob die Mieter ihren Pflichten nachkommen. Das gilt speziell dann, wenn Mieter aufgrund ihres Alters oder Gesundheitszustandes Schwierigkeiten beim Winterdienst haben können (so im Fall eines 82-jährigen Rentners: OLG Oldenburg, Urteil vom 13.02.2014, Az.: 1 U 77/13).
Kommt der Vermieter seinen Kontrollpflichten nicht nach, kann er sich im Schadensfall ebenfalls regresspflichtig machen.
Daneben ist der Vermieter grundsätzlich verpflichtet, auf seine Kosten den Mietern Geräte (etwa Schneeschieber, Besen) sowie Streumittel zur Verfügung zu stellen.
Mustervereinbarung für Vermieter: Winterdienst an Mieter abgeben
Da eine Hausordnung das Zusammenleben aller Bewohner des Mietshauses regelt und der von allen Mietern zu verrichtende Winterdienst letztlich eine Frage des Zusammenlebens betrifft, ist dieser meistens in der Hausordnung geregelt. Daher ist im Mietvertrag (oder in einer Zusatzvereinbarung zum bestehenden Mietvertrag) die Verpflichtung des Mieters zum Winterdienst aufzunehmen und auf die Hausordnung zu verweisen. Eine
Mustervereinbarung im Mietvertrag lautet wie folgt:
- … Winterdienst
Der Mieter ist verpflichtet, den Winterdienst im Wechsel mit anderen Mietern zu übernehmen. Das Nähere regelt die Hausordnung, die Bestandteil dieses Mietvertrages ist und diesem als Anlage beigefügt ist.
Für die Hausordnung lautet eine Mustervereinbarung:
- Winterdienst / Räum- und Streupflicht
Der Mieter ist verpflichtet, jeweils nach Schneefall und / oder Eisglätte nach Maßgabe des besonderen Zeitplans den Schnee schnellstens vom Bürgersteig vor der Hausfront, vom Hauszugang, dem Mülltonnenzugang und dem Zugang zur Tiefgarage zu räumen und bei Glatteis oder Schneeglätte abstumpfende Mittel wie Granulat oder Sand zu streuen. Der besondere Zeitplan ist Bestandteil dieser Hausordnung. Im Übrigen gelten die Vorschriften der hiesigen Straßenreinigungssatzung.
Für den besonderen Zeitplan hat es sich bewährt, die Mieter nach Kalenderwochen für den Winterdienst (und andere Pflichten) einzuteilen.