Betriebskostenabrechnungen weisen häufig Fehler auf. Daher prüfen viele Mieter ihre Abrechnung genau und wollen dazu die Abrechnungsunterlagen des Vermieters einsehen. Dieses Recht auf Belegeinsicht steht den Mietern nach § 259 Abs. 1 Bürgerliches Gesetzbuch (BGB) zu, wie der Bundesgerichtshof entschieden hat (BGH, Urteil vom 08.03.2006, Az.: VIII ZR 78/05, Rz. 22). In diesem Zusammenhang stellt sich dann immer wieder die Frage, ob der Vermieter dem Mieter die Abrechnungsunterlagen kopieren und zuschicken muss. Wie die Rechtslage hier ist, erfahren Sie in diesem Artikel.
Kein Automatismus: Recht auf Belegeinsicht muss geltend gemacht werden
Vorwegzuschicken ist zunächst, dass der Mieter sein Recht auf Belegeinsicht gegenüber dem Vermieter geltend machen muss. Anders als die Übermittlung der Betriebskostenabrechnung, die der Mieter aufgrund der gesetzlichen Vorschriften quasi „automatisch“ jedes Jahr vom Vermieter erhält, muss der Mieter zur Belegeinsicht aktiv werden und diese vom Vermieter einfordern.
Das Recht auf Belegeinsicht erstreckt sich in die Abrechnungsunterlagen des Vermieters für die betreffende Betriebskostenabrechnung, die sich ihrerseits auf einen bestimmten Abrechnungszeitraum bezieht. Dabei sind vom Begriff „Abrechnungsunterlagen“ die Rechnungen und Bescheide umfasst, die der Vermieter von dritten Firmen und Personen erhalten hat, wie etwa die Rechnungen der Versorgungsunternehmen, die kommunalen Gebührenbescheide, die jährliche Rechnung des Schornsteinfegers und dergleichen mehr. Das gilt ebenso für die zugehörigen Verträge (etwa Wartungsverträge oder Hausmeistervertrag), damit der Mieter überprüfen kann, ob sich in den erbrachten Leistungen versteckte, nicht umlagefähige Kosten verbergen.
Der Mieter darf also nicht „alle möglichen Unterlagen“ des Vermieters einsehen. Allerdings muss der Vermieter dem Mieter Einsicht in die Original-Unterlagen gewähren (Landgericht (LG) Freiburg, Urteil vom 24.03.2012, Az.: 3 S 348/10).
Belegeinsicht in die Abrechnungsunterlagen findet grundsätzlich beim Vermieter statt
Die Belegeinsicht in die Abrechnungsunterlagen hat regelmäßig beim Sitz des Vermieters oder ggf. bei dessen Steuerberater oder Hausverwaltung stattzufinden. Anders als beim preisgebundenen Wohnraum (Wohnungen mit öffentlich geförderten Mitteln wie etwa Sozialwohnungen) kann der Mieter von preisfreiem Wohnraum grundsätzlich nicht verlangen, dass ihm der Vermieter die Abrechnungsunterlagen kopieren und zuschicken muss.
Einer der Gründe dafür ist, dass die Vorschriften für den preisgebundenen Wohnraum für freie Wohnungen nicht übertragbar sind. Daneben ist der Vermieter an zusätzlichem Aufwand wie das Anfertigen von Kopien nicht interessiert und kann Mietern stattdessen mögliche Unterlagen im Gespräch bei der Belegeinsicht vor Ort erläutern. Daher scheidet regelmäßig auch eine Anforderung der Kopien gegen Kostenerstattung aus (BGH, Urteil vom 08.03.2006, Az.: VIII ZR 78/05).
Wann der Vermieter trotzdem dem Mieter die Abrechnungsunterlagen kopieren muss
Ausnahmsweise muss der Vermieter dem Mieter die Abrechnungsunterlagen nach dem Grundsatz von Treu und Glauben nach § 242 BGB kopieren und zusenden, wenn dem Mieter die Einsichtnahme beim Vermieternicht zumutbar ist. Ob das gegeben ist, richtet sich stets nach dem Einzelfall(BGH, Beschluss vom 19.01.2010, Az.: VIII ZR 83/09).
Danach kann der Mieter statt einer Belegeinsicht am Sitz des Vermieters die Zusendung der Abrechnungsunterlagen in Kopie verlangen, wenn etwa
- der Mieter bettlägerig erkrankt ist und über keine Vertrauensperson verfügt, die an seiner Stelle die Belegeinsicht beim Vermieter vornimmt (LG Berlin, Urteil vom 11.06.2014, Az.: 65 S 233/13)
- die Räume des Vermieters für einen stark gehbehinderten Mieter mit dem Rollstuhl nicht oder nur mit hohem Aufwand (etwa Hilfe dritter Personen) zu erreichen sind (
- der Ort der Belegeinsicht über 30 km Luftlinie von der Wohnung des Mieters entfernt ist (Amtsgericht (AG) Halle (Saale), Urteil vom 20.02.2014, Az.: 93 C 2240/13)
- der Mieter in eine entfernte Stadt umzieht oder einen längeren Auslandsaufenthalt verbringt (BGH, Urteil vom 13.04.2010, Az.: VIII ZR 80/09)
- Mieter und Vermieter heftig zerstritten sind, so dass im Rahmen der Belegeinsicht kein konstruktives Gespräch zu erwarten ist (LG Berlin, Urteil vom 11.06.2014, Az.: 65 S 233/13)
Dagegen ist die Belegeinsicht beim Vermieter zumutbar, wenn beispielsweise
- dessen Wohnung mit öffentlichen Verkehrsmittel zu erreichen ist (LG Frankfurt, Urteil vom 07.09.1999, Az.: 2/11 S 135/99)
- die Entfernung von der Wohnung des Mieters zum Sitz des Vermieters mit dem PKW in einer halben Stunde oder mit öffentlichen Verkehrsmitteln in einer Stunde zurückgelegt werden kann (AG Dülmen, Urteil vom 30.08.2010, Az.: 3 C 221710)
- Wohnung des Mieters und Sitz des Vermieters in derselben Gemeinde liegen
Hat der Vermieter von preisfreiem Wohnraum einmal Kopien aus Gefälligkeit überlassen, ergibt sich daraus keine Verpflichtung, dass er auch künftig so verfahren muss(BGH, Urteil vom 13.09.2006, Az.: VIII ZR 71/06).
Kostenerstattung für Kopien der Abrechnungsunterlagen: Das kann der Vermieter verlangen
Nichts ist umsonst – getreu diesem Motto kann der Vermieter für die von ihm gefertigten Kopien Kostenerstattung verlangen. Damit nicht genug: Der Vermieter ist auch berechtigt, die Zusendung der Kopien von der Vorauszahlung der Kostenerstattung abhängig zu machen (LG Duisburg, Urteil vom 16.10.2001, Az.: 13 S 208/01).
Verlangen kann der Vermieter nach überwiegender Rechtsprechung 0,25 Euro pro Kopie (so etwa LG Berlin, Urteil vom 11.06.2014, Az.; 65 S 233/13; AG Halle (Saale), Urteil vom 20.02.2014, Az.: 93 C 2240/13; AG Charlottenburg, Urteil vom 20.03.2013; Az.: 213 C 371/12).
Wenn der Vermieter die Zusendung von Kopien verweigert
Hat der Mieter die Zusendung von Kopien
- schriftlich unter Fristsetzung
- mit einer sachlichen Begründungfür die Unzumutbarkeit der Belegeinsicht am Sitz des Vermieters und
- gegen Kostenerstattung
vom Vermieter erbeten, kann es sein, dass der Vermieter dies verweigert. In diesem Fall darf der Mieter die sich aus der Betriebskostenabrechnung ergebende Nachzahlung gemäß § 271 Abs. 1 BGB solangezurückbehalten, bis er die Kopien erhalten hat (LG Köln, Urteil vom 05.03.2009, Az.: 1 S 79/07). Daneben dürfte dem Mieter nach den allgemeinen Grundsätzen auch ein Zurückbehaltungsrecht an der Zahlung der Erhöhung der Betriebskostenvorauszahlungen zustehen. Das muss ebenfalls gelten, wenn der Vermieter eine Zusendung der Kopien von unverhältnismäßig hohen Kosten abhängig macht.