Stellenweise wird sogar behauptet, eine vorbehaltlose Zahlung auf eine fehlerhafte Betriebskostenabrechnung stelle ein Schuldanerkenntnis mit dem Inhalt dar, dass die Abrechnung korrekt und ein Widerspruch damit ausgeschlossen sei. Richtig daran ist, dass eine Zahlung der Betriebskostenabrechnung unter Vorbehalt nicht schadet.
Erforderlich ist eine Zahlung unter Vorbehalt jedoch nicht. Insbesondere stellt eine vorbehaltlose Zahlung eben gerade kein Schuldanerkenntnis dar, so dass ein Widerspruch auch nach einer solchen Zahlung möglich bleibt.
Das Problem: Wenn die Betriebskostenabrechnung fehlerhaft sein könnte
Zunächst ist zum Verständnis Folgendes vorweg zu schicken:
Der Vermieter hat dem Mieter die Betriebskostenabrechnung spätestens bis zum Ablauf des zwölften Monats nach Ende des Abrechnungszeitraums schriftlich mitzuteilen (Abrechnungsfrist), § 556 Abs. 3 Satz 2 Bürgerliches Gesetzbuch (BGB). Der Mieter hat dann seinerseits weitere 12 Monate Zeit, die Richtigkeit der Abrechnung zu überprüfen (Prüfungsfrist), § 556 Abs. 3 Satz 5 BGB. Geht dem Mieter die Betriebskostenabrechnung erst nach der 12-Monats-Frist zu, braucht er grundsätzlich keine Nachzahlungen mehr zu leisten. Versäumt es umgekehrt der Mieter, innerhalb der für ihn geltenden weiteren 12 Monate Widerspruch gegen eine fehlerhafte Abrechnung zu erheben, kann er ebenfalls in der Regel keine Einwände mehr vorbringen und muss auch fehlerhafte Betriebskostennachzahlungen begleichen.
Diese 12-Monats-Fristen sind aber von der Fälligkeit der Nachforderungen zu trennen. Erhält also ein Mieter vom Vermieter die Betriebskostenabrechnung mitsamt den Nachforderungen, darf der Mieter sich nicht etwa 12 Monate (die Dauer seines Prüfungszeitraums) mit der Zahlung lassen. Vielmehr ist die Nachzahlung spätestens innerhalb von einem Monat fällig (an sich wäre die Zahlung sofort fällig, der Mieter darf aber die Abrechnung vor der Zahlung von einem Rechtsanwalt oder dem Mieterschutzverein überprüfen lassen).
Ob die Nachzahlung nun sofort bzw. innerhalb von einem Monat fällig ist, hängt davon ab, ob die Betriebskostenabrechnung korrekt ist. Dabei sind folgende Fallgestaltungen möglich:
1. Fall: Die Betriebskostenabrechnung ist formell fehlerhaft
Formelle Fehler liegen etwa vor, wenn die Abrechnung weder verständlich noch nachvollziehbar noch prüfbar ist bzw. wichtige Angaben wie beispielsweise der Abrechnungszeitraum, der Verteilerschlüssel o. ä. fehlen. Hier braucht der Mieter so lange nicht zu zahlen, bis der Vermieter eine formell ordnungsgemäße Abrechnung erstellt hat.
2. Fall: Die Betriebskostenabrechnung ist inhaltlich fehlerhaft
In der Praxis besteht jedoch das Problem, das formelle und inhaltliche Fehler in der Betriebskostenabrechnung manchmal nicht ohne weiteres zu unterscheiden sind oder irrtümlich vom Mieter angenommene inhaltliche Fehler keine solchen sind. Damit besteht für den Mieter das Risiko, dass er
- fristlos gekündigt werden kann, wenn er von seinem Zurückbehaltungsrecht Gebrauch macht und die einbehaltenen Beträge einen Rückstand von insgesamt zwei Monatsmieten aufweisen
- ordentlich gekündigt werden kann, wenn er von seinem Zurückbehaltungsrecht Gebrauch macht und die einbehaltenen Beträge einen Rückstand von einer Monatsmiete ausmacht
Um auf der sicheren Seite zu sein, kann daher eine „sofortige“ Zahlung der Nachforderungen aus der Betriebskostenabrechnung in voller Höhe zweckmäßig sein.
Betriebskostennachzahlung unter Vorbehalt stellen – oder nicht?
Generell ist es durchaus sinnvoll, die Zahlung von zweifelhaften Nachforderungen aus der Betriebskostenabrechnung „unter Vorbehalt (der Rückforderung) “ etwa auf dem Überweisungsträger zu leisten. Zwingend erforderlich ist dieser Vorbehalt jedoch nicht.
Zwar war die Vorbehaltserklärung vor dem Inkrafttreten der Schuldrechtsmodernisierung am 02.01.2002 unbedingt notwendig, um ein Schuldanerkenntnis zu vermeiden. Auch wurde die Vorbehaltserklärung nach den Gesetzesänderungen von Teilen der Rechtslehre gefordert. Der Bundesgerichtshof (BGH) hat jedoch Klarheit geschaffen: Weder die vorbehaltlose Zahlung
- des Mieters auf Nachforderungen aus einer Betriebskostenabrechnung noch
- des Vermieters auf ein Mieterguthaben aus einer Betriebskostenabrechnung
stellen ein Schuldanerkenntnis dar (BGH, Urteil vom 12.01.2011, Az.: VIII ZR 296/09).
Daher kann
- der Mieter trotz vorbehaltloser Zahlung von Nachforderungen innerhalb des für ihn geltenden 12-monatigen Prüfungszeitraums gegen die Betriebskostenabrechnung noch Widerspruch einlegen und zu Unrecht geleistete Nachzahlungen zurückfordern
- der Vermieter trotz vorbehaltloser Zahlung von Guthaben innerhalb des für ihn geltenden 12-monatigen Abrechnungszeitraums die Betriebskostenabrechnung noch korrigieren und fälschlich gezahltes Guthaben zurückverlangen
Ich will eine Rechtssicherheit gegenüber dem Vermieter erreichen und will die Betriebskostenabrechnung meines Vermieters prüfen lassen. Wir sind aber 3 Wochen in Urlaub. Ich habe in Ihrem Kommentar nachgelesen, es ist zweifelhaft, nicht zu zahlen. Wie ich meine Vermieterin kenne, kann es zu einer Kündigung kommen. Wir sind am 7.9.22 wieder zu Hause, die BK-Abrechnung erging unter dem Datum 1.08.2022. Sie wurde ohne Nachweis in unseren Postbriefkasten eingeworfen und am 2.8. so vorgefunden. Die Nachzahlung soll 296,86 € betragen. Ohne Datum ist eine Einverständniserklärung dahingehend beigefügt, 115,00 € in Form einer Betriebskostenpauschale monatlich ab den 1.9.22 mehr zu zahlen. Den Nachzahlungsbetrag auf 12 Monate gerechnet, würden das aber lediglich 24,73 € ausmachen. MfG Brigitte hergt