Wurde im Mietvertrag über preisfreien Wohnraum eine (meist monatliche) Betriebskostenvorauszahlung vereinbart, darf der Vermieter diese erhöhen, § 560 Abs. 4 Bürgerliches Gesetzbuch (BGB). Im Mietvertrag ist also keine ausdrückliche Regelung erforderlich, um die Betriebskostenvorauszahlung anzuheben.
Möchte der Vermieter von der Erhöhungsmöglichkeit Gebrauch machen, muss er dazu einige Voraussetzungen beachten. Welche das sind und wie die Erhöhung rechtssicher ist, ergibt sich Schritt für Schritt aus diesem Leitfaden. Dabei sollte sich das Erhöhungsverlangen auch an dem in diesem Artikel enthaltenen Musterbrief für Vermieter orientieren.
Vermieter können sich Schritt für Schritt durch diesen Artikel arbeiten und so mit größtmöglicher Rechtssicherheit die Vorauszahlungen für die Betriebskosten erhöhen.
Schritt 1: Betriebskostenvorauszahlung – maßgeblich ist der Mietvertrag
Umlagefähig und damit Grundlage für eine Erhöhung der Betriebskostenvorauszahlung sind nur die Betriebskostenpositionen, die im Mietvertrag aufgeführt sind, was auch durch eine Verweisung auf die Betriebskostenverordnung (BetrKV) möglich ist. Problematisch kann es aber werden, wenn seit Beginn des Mietvertrags neue Betriebskosten entstanden sind. Dazu hat der Bundesgerichtshof (BGH) entschieden, dass bei folgender Öffnungsklausel im Mietvertrag:
Werden öffentliche Abgaben neu eingeführt oder entstehen Betriebskosten neu, so können diese vom Vermieter im Rahmen der gesetzlichen Vorschriften umgelegt und angemessene Vorauszahlungen festgesetzt werden
auch neue Betriebskostenpositionen umlagefähig sind (BGH, Urteil vom 27.09.2006, Az.: VIII ZR 80/06). Damit kann der Vermieter beim Vorhandensein einer solchen oder ähnlichen Öffnungsklausel im Mietvertrag auch neu entstandene Betriebskostenpositionen für eine Erhöhung der Betriebskostenvorauszahlung zugrunde legen.
Ein Sonderfall ist die Betriebskostenerhöhung durch vom Mieter zu duldende Modernisierungsmaßnahmen. Hier ist eine Erhöhung der Betriebskostenvorauszahlung auch ohne eine Erweiterungsklausel grundsätzlich zulässig.
Schritt 2: Erst Betriebskostenabrechnung erstellen, dann Betriebskostenvorauszahlung erhöhen
Bevor der Vermieter die Betriebskostenvorauszahlung erhöhen kann, muss erst eine formell und materiell bzw. inhaltliche korrekte Betriebskostenabrechnung vorliegen (BGH, Urteile vom 15.02.2012, Az.: VIII ZR 245/11 und VIII ZR 246/11).
Formell ordnungsgemäß ist die Abrechnung, wenn sie folgende Angaben enthält:
- Adressat der Betriebskostenabrechnung, wobei die Adressierung an einen Ehegatten der gemeinsamen Wohnung genügt (BGH, Urteil vom 28.04.2010, Az.: VIII ZR 263/09), Abrechnungsobjekt und Abrechnungszeitraum
- Geordnete Zusammenstellung der Gesamtkosten
- Darstellung und Erläuterung der zugrunde gelegten Umlageschlüssel und
- Berechnung des Mieteranteils (auch bei den einzelnen Kostenpositionen)
Ferner muss ein durchschnittlich gebildeter, juristisch und betriebswirtschaftlich nicht geschulter Mieter die Betriebskostenabrechnung gedanklich und rechnerisch nachvollziehen können.
Um materiell ordnungsgemäß zu sein, darf die Betriebskostenabrechnung keine inhaltlichen Fehler aufweisen. Inhaltliche Fehler sind etwa Rechenfehler, die falsche Angabe der Wohnungsgröße oder nicht zulässige Umlageschlüssel.
In der Praxis wird meist mit der Erteilung der Betriebskostenabrechnung zugleich die Betriebskostenvorauszahlung erhöht, was zulässig ist. Zwingend ist das aber nicht, der Vermieter kann auch erst abwarten (etwa um die Kostenentwicklung zu beobachten) und die Vorauszahlung später im laufenden Abrechungszeitraum erhöhen.
Schritt 3: So errecht sich die Erhöhung der Betriebskostenvorauszahlung
Regelmäßig sind aus der Betriebskostenabrechnung eine Nachzahlung zu Lasten des Mieters und damit zugleich ein Saldo des Vermieters ersichtlich. Vom Nachzahlungsbetrag ist 1/12 auf die bisherige monatliche Betriebskostenvorauszahlung aufzuschlagen, womit die Erhöhung der Vorauszahlung regelmäßig „angemessen“ im Sinne des § 560 Abs. 4 BGB ist (BGH, Urteil vom 28.09.2011, Az.: VIII ZR 294/10). Die Betriebskostenvorauszahlung darf aber nur für die Zukunft erhöht werden (BAG, Urteil vom 18.05.2011, Az.: VIII ZR 271/10). Beträgt die Nachforderung also 360 Euro, kann der Vermieter die monatliche Betriebskostenvorauszahlung künftig um 30 Euro erhöhen.
Liegen dem Vermieter jedoch konkrete Anhaltspunkte dafür vor, dass eine noch höhere Heraufsetzung der Betriebskostenabrechnung erforderlich ist, darf er auch diese berücksichtigen. Das gilt ebenso, wenn die Anhebung um ein Zwölftel nicht erforderlich ist. Umgekehrt ist es dem Vermieter aber nicht gestattet, die Vorauszahlungen abstrakt um einen „Sicherheitszuschlag“ von 10% zu erhöhen (BGH, Urteil vom 28.09.2011, Az.: VIII ZR 294/10).
Schritt 4: Diese Formalien sind zu beachten
Möchte der Vermieter die Betriebskostenvorauszahlung erhöhen, ist „Textform“ erforderlich, § 560 Abs. 4 BGB. Das eigentliche Erhöhungsverlangen (also dass und in welchem Umfang erhöht wird) muss daher zwar schriftlich erfolgen, kann aber auch per Fax oder Email versendet werden, vgl. auch § 126b BGB. Üblich ist zudem die nicht zwingend vorgeschrieben Angabe, dass die Erhöhung der Vorauszahlung mit der nächsten Mietzahlung fällig ist.
Eine Begründung, warum die Betriebskostenvorauszahlung erhöht wird, ist nicht notwendig. Trotzdem ist diese ratsam, damit der Mieter die Gründe für die Erhöhung nachvollziehen kann und nicht sofort eine ablehnende Haltung einnimmt.
Schritt 5: Die Abrechnungsfrist beträgt 12 Monate
Die Betriebskostenabrechnung muss dem Mieter innerhalb von 12 Monaten nach Ablauf des Abrechnungszeitraums zugegangen sein § 556 Abs. 3 Satz 2 BGB. Geschieht das aus vom Vermieter zu vertretenden Gründen nicht oder ist die Abrechnung formell und/oder materiell unwirksam, kann er keine Nachzahlung mehr verlangen, § 556 Abs. 3 Satz 3 BGB. Zugleich ist eine Erhöhung der Betriebskostenvorauszahlung ausgeschlossen (BGH, Urteile vom 15.02.2012, Az.: VIII ZR 245/11 und VIII ZR 246/11). Erstellt der Vermieter aber eine formell und materiell ordnungsgemäße Abrechnung nach Ablauf des 12-Monats-Zeitraums, darf er ab diesem Zeitpunkt auch die Betriebskostenvorauszahlungen erhöhen (BGH, Urteil vom 16.06.2010, Az.: VIII ZR 258/09).
Schritt 6: Zustellung per Boten
Damit der Mieter später nicht behaupten kann, ihm sei kein Erhöhungsverlangen (oder keine Betriebskostenabrechnung) zugegangen, sollten ihm diese Schriftstücke per Boten zugestellt werden. Dabei genügt für die Zustellung der Einwurf in den Hausbriefkasten des Mieters. Kommt es später zu Streit über den Zugang, kann der Bote bezeugen, dass er das Erhöhungsverlangen einkuvertiert und in den Briefkasten geworfen hat.