1. Der Widerspruch muss sorgfältig begründet werden
Der Mieter hat nach Erhalt der Betriebskostenabrechnung grundsätzlich 12 Monate Zeit, diese zu überprüfen und seine Einwendungen dem Vermieter mitzuteilen, § 556 Abs. 3 Satz 5 Bürgerliches Gesetzbuch (BGB), also Widerspruch zu erheben. Dabei spricht das Gesetz nicht von einem „Widerspruch“, sondern von „Einwendungen“. In der Praxis ist jedoch der Begriff „Widerspruch“ üblich.
Besonders wichtig beim Widerspruch ist, dass der Mieter seine Einwendungen im Einzelnen genau dargelegt und begründet. Nur pauschal formulierte Aussagen reichen nicht. Vielmehr hat der Widerspruch für den Vermieter genauso überprüfbar zu sein wie die Betriebskostenabrechnung für den Mieter. Daher muss der Vermieter vor der Erhebung eines Widerspruchs beim Vermieter die Kostenbelege einsehen, sofern es sich nicht um offensichtliche formelle Mängel in der Betriebskostenabrechnung handelt (Oberlandesgericht (OLG) Düsseldorf, Urteil vom 22.06.2006, Az.: I-10 U 164/05). Dazu hat der Mieter ein Einsichtsrecht beim Vermieter. Da die Beweislast für die Richtigkeit der Betriebskostenabrechnung beim Vermieter liegt, darf der Mieter auch die Ablesebelege der anderen Mieter einsehen (Bundesgerichtshof (BGH), Urteil vom 07.02.2018, Az.: VIII ZR 189/17).
Erfüllt der Widerspruch des Mieters das Erfordernis der sorgfältigen Begründung nicht, sollte das zuerst – soweit möglich – nachgeholt werden, weil der Vermieter sonst möglicherweise zu Recht nicht reagiert.
2. Widerspruchsgründe sind entscheidend für das Vorgehen des Mieters
Formell nicht ordnungsgemäß ist die Betriebskostenabrechnung, wenn der Mieter als juristischer und betriebswirtschaftlicher Laie die Angaben des Vermieters nicht ohne weiteres nachvollziehen und verstehen kann. Insbesondere liegen formelle Fehler vor, wenn Folgendes gegeben ist:
- Keine schriftliche, verständliche, nachvollziehbare oder prüfbare Abrechnung
- Fehlende Angabe der Gesamtkosten einschließlich deren Zusammensetzung
- Unklare oder fehlerhafte Benennung des Umlageschlüssels (Kostenverteilungsschlüssel), also Angaben über die Umlage nach Wohnfläche, Personenzahl, Wohneinheiten, Verbrauch oder Miteigentumsanteilen einschließlich des Verteilerschlüssels für die Heizkosten
- Unterbliebene Berechnung des vom Mieter jeweils zu zahlenden Kostenanteils der einzelnen Betriebskosten, wobei es jedoch zulässig ist, wenn Kostenarten mit demselben Umlageschlüssel zunächst addiert werden und erst danach der Kostenanteil gebildet wird (BGH, Urteil vom 25.04.2017, Az.: VIII ZR 237/16)
- Keine Angabe der vom Mieter tatsächlich erbrachten Betriebskostenvorauszahlungen
- falscher Abrechnungszeitraum oder falsche Dauer des Abrechnungszeitraums von grundsätzlich 12 Monaten
- unkorrekte Abrechnungseinheiten
- nicht nachvollziehbare Umrechnungswerte, Teiler oder Vervielfältiger
- Zusammenfassung mehrerer Betriebskostenarten wie etwa Grundsteuer und Straßenreinigung (BGH, Beschluss vom 24.01.2017, Az.: VIII ZR 285/15)
Keine formellen Mängel sind etwa gegeben, wenn der Mieter mehrfach hin und her blättern muss, um die auf mehrere Seiten verteilten Rechenschritte nachvollziehen zu können (BGH, Urteil vom 19.07.2017, Az.: VIII ZR 3/17) oder der Vermieter die gesondert nach Kostenarten aufgeführten Kosten nur einzeln angegeben hat, ohne für jede Kostenart eine Summe auszuweisen (BGH, Beschluss vom 25.04.2017, Az.: VIII ZR 237/16).
Inhaltlich fehlerhaft ist die Betriebskostenabrechnung speziell bei folgendem:
- Angabe einer falschen Wohnfläche
- Aufnahme nicht umlagefähiger Positionen und Kosten
- doppelte Berechnung von Kosten (speziell beim Hausmeister)
- fehlerhafte Anwendung des Umlageschlüssels
- Miteinbeziehung der Kosten für leerstehende Wohnungen
- Nichtbeachtung des Grundsatzes der Wirtschaftlichkeit
- Nichtberücksichtigung des Gewerbeanteils beigemischter Nutzung
- Zugrundelegung falscher Zahlenwerte
3. Vermieter reagiert nicht nach Widerspruch: So kann der Mieter vorgehen
Reagiert der Vermieter nicht nach Widerspruch gegen die Betriebskostenabrechnung, kann der Mieter folgendes unternehmen:
3.1. Betriebskostenabrechnung ist formell nicht ordnungsgemäß
Zu unterscheiden ist das Zurückbehaltungsrecht des Mieters an der Nachforderung des Vermieters und an den laufenden Betriebskostenvorauszahlungen des Mieters.
- Nachforderung des Vermieters
Eine formell nicht ordnungsgemäße Betriebskostenabrechnung wird wie eine fehlende behandelt, da der Vermieter die Abrechnung regelmäßig neu erstellen muss, worauf der Mieter einen Rechtsanspruch hat. Da also keine wirksame Abrechnung vorliegt, darf der Mieter die Nachzahlungsforderung nach § 273 Abs. 1 BGB zurückbehalten.
Hat der Vermieter später eine formell ordnungsgemäße Betriebskostenabrechnung erteilt, muss der Mieter die einbehaltene Nachforderung an den Vermieter nachentrichten. Dazu ist es aber erforderlich, dass der Vermieter die für ihn geltende Abrechnungsfrist einhält, wonach er grundsätzlich innerhalb von 12 Monaten nach dem Ablauf des Abrechnungszeitraums die Betriebskostenabrechnung mitgeteilt haben muss, § 556 Abs. 3 Satz 2 BGB. Entscheidend ist dabei, dass die Abrechnung dem Mieter innerhalb der 12-monatigen Abrechnungsfrist zugeht, Geschieht das nicht, ist der Vermieter mit seiner Nachforderung ausgeschlossen, § 556 Abs. 3 Satz 3 BGB, bleibt also darauf sitzen.
Tritt der eher seltenere Fall ein, dass sich aus der neu erstellten Betriebskostenabrechnung ein Guthaben des Mieters ergibt, muss der Vermieter dem Mieter das Guthaben auch dann erstatten, wenn er erst nach Ablauf der 12-monatigen Abrechnungsfrist die Betriebskostenabrechnung neu erstellt. Denn die versäumte Abrechnungsfrist schadet nur dem Vermieter, nicht aber dem Mieter.
- Laufende Betriebskostenvorauszahlungen des Mieters
Um Druck auf den Vermieter wegen der quasi fehlenden Betriebskostenabrechnung auszuüben, steht dem Mieter während des laufenden Mietverhältnisses bis zum Erhalt einer formell ordnungsgemäßen Abrechnung an den künftigen Betriebskostenvorauszahlungen ebenfalls ein Zurückbehaltungsrecht nach § 273 Abs. 1 BGB zu. Das gilt aber nur für die Betriebskostenvorauszahlungen, nicht für die Grundmiete (Kaltmiete, Nettomiete).
Die einbehaltenden Beträge muss der Mieter grundsätzlich an den Vermieter nachzahlen wenn dieser eine ordnungsgemäße Abrechnung erstellt hat. Dabei spielt es aber keine Rolle, ob die Abrechnung noch innerhalb oder erst außerhalb des 12-monatigen Abrechnungszeitraums neu erstellt wird. Denn nach dem Gesetzeswortlaut ist die Einhaltung der 12-Monats-Frist nur für die Nachforderung bedeutsam, nicht aber für die Betriebskostenvorauszahlungen. Daher darf der Vermieter mit der Erteilung der neuen Betriebskostenabrechnung auch nach Ablauf der 12-Monats-Frist eine angemessene Erhöhung der Betriebskostenvorauszahlungen vornehmen, also eine Anpassung der Vorauszahlungen nach einer Abrechnung, § 560 Abs. 4 BGB (BGH, Urteil vom 16.06.2010, VIII ZR 258/09).
Ist der Mieter bereits ausgezogen, kann er kein Zurückbehaltungsrecht mehr ausüben. Daher darf er die die von ihm gezahlten Betriebskostenvorauszahlungen vollständig zurückfordern (BGH, Urteil vom 09.03.2005, Az.: VIII ZR 57/04). Diese Rückforderungsmöglichkeit besteht aber nur, wenn der Mieter bisher die laufenden Vorauszahlungen nicht einbehalten konnte (BGH, Urteil vom 26.09.2012, Az: VIII ZR 315/11). Das Rückforderungsrecht beschränkt sich deswegen maximal auf die Vorauszahlungen, die für den bis zum Auszug laufenden und den davor zurückliegenden Abrechnungszeitraum geleistet wurden.
- Sonstiges
Rührt sich der Vermieter nach dem Widerspruch nicht, kann der Mieter aufgrund der formellen Mängel der vorhandenen Betriebskostenabrechnung den Vermieter auf die Erteilung einer neuen, ordnungsgemäßen Abrechnung verklagen.
3.2. Betriebskostenabrechnung ist inhaltlich fehlerhaft
Hier ist ebenfalls zwischen Nachforderung des Vermieters und laufenden Betriebskostenvorauszahlungen des Mieters zu differenzieren:
- Nachforderung des Vermieters
Bei inhaltlichen Fehlern in der Betriebskostenabrechnung dürfte dem Mieter kein Zurückbehaltungsrecht zustehen, soweit die Abrechnung formell ordnungsgemäß ist. Denn anders als bei der formell fehlerhaften Betriebskostenabrechnung ist die mit materiellen Fehlern behaftetet Abrechnung nicht unwirksam mit der Folge, dass der Vermieter diese neu erstellen muss. Stattdessen hat der Vermieter die Abrechnung allenfalls zu berichtigen.
Die Berichtigung des inhaltlichen Fehlers kann auch noch nach dem Ende der 12-monatigen Abrechnungsfrist erfolgen. Ergib die Korrektur jedoch, dass der Mieter einen höheren als den ursprünglichen Nachforderungsbetrag zahlen soll, ist dieser höhere Betrag für den Vermieter nicht mehr durchzusetzen (BGH, Urteil vom 17.11.2004, Az.:VIII ZR 115/04), Der Mieter braucht also einen höheren Betrag als die ursprüngliche Nachforderung nur zu zahlen, wenn die Berichtigung des Fehlers noch während der Abrechnungsfrist erfolgt.
- Laufende Betriebskostenvorauszahlungen des Mieters
Weist die Betriebskostenabrechnung inhaltliche Fehler auf, steht dem Mieter kein Zurückbehaltungsrecht an den laufenden Betriebskostenvorauszahlungen zu, weil dieses nur zur Durchsetzung einer formell ordnungsgemäßen Abrechnung dient. Dem Vermieter darf aber bis zur Erteilung der inhaltlich fehlerfreien Betriebskostenabrechnung keine Erhöhung der Betriebskostenvorauszahlungen vornehmen (BGH, Urteile vom 15.02.2012, Az.: VIII ZR 245/11 und VIII ZR 246/11). Die Karlsruher Richter hatten mit diesen beiden Entscheidungen ihre zuvor anderslautende Rechtsprechung aufgegeben.
Hat der Vermieter die inhaltlichen Fehler in der Betriebskostenabrechnung verbessert und dem Mieter die korrekte Abrechnung erteilt, darf der Vermieter die Betriebskostenvorauszahlungen auch nach § 560 Abs. 4 BGB anpassen bzw. angemessen erhöhen.
- Sonstiges
Der Vermieter ist auf Verlangen des Mieters verpflichtet, den inhaltlichen Fehler zu korrigieren, soweit dem Mieter die dafür benötigten Angaben fehlen (BGH, Urteil vom 17.11.2004, Az.:VIII ZR 115/04). Soweit der Vermieter nicht regiert, dürfte der Berichtigungsanspruch klageweise durchsetzbar sein, wenn der Mieter selber zu einer Berichtigung außerstande ist. Diese Rechte des Mieters beziehen sich aber nur auf die Positionen in der Betriebskostenabrechnung, die materiell fehlerhaft sind.
Sofern der Mieter die inhaltlich fehlerhafte Betriebskostenabrechnung selber korrigieren kann, darf er bei einem daraus ergebenden Guthaben die Betriebskostenvorauszahlung kürzen und das Guthaben mit der nächsten Mietzahlung verrechnen bzw. mit der Miete aufrechnen (BGH, Urteil vom 06.02.2013, Az.: VIII ZR 184/12). Voraussetzung dazu ist, dass dem Vermieter die inhaltlichen Fehler in der Betriebskostenabrechnung zeitnah mitgeteilt werden bzw. der Mieter dem Vermieter die korrigierte Abrechnung übermittelt.
Darüber hinaus wird vom Mieter verlangt, den materiellen Fehler in der Betriebskostenabrechnung selber zu korrigieren, wenn er dazu auf keine Hilfe vom Vermieter angewiesen ist (so jedenfalls für die Gewerberaummiete: Oberlandesgericht (OLG) Düsseldorf, Urteil vom 09.07.2015, Az.: 10 U 126/14).
4. Vermieter reagiert nicht nach Widerspruch: Praktische Hinweise für Mieter
Speziell die Abgrenzung zwischen formellen und materiellen Fehlern in der Betriebskostenabrechnung ist unter Umständen äußerst schwierig. Dazu kommt, dass in diesem Artikel nur die Grundfälle von fehlerhaften Betriebskostenabrechnungen dargestellt werden. Hiervon sind aber vielgestaltige Abweichungen mit unterschiedlichen Rechtsfolgen möglich, so etwa wenn sich die 12-monatige Abrechnungsfrist für den Vermieter verlängert, weil er unverschuldet die Abrechnung nicht fristgerecht erstellen konnte. Oder wenn der Mieter seinerseits Fristen versäumt oder untätig bleibt.
Um auf der sicheren Seite zu sein, sollten Mieter die Forderungen des Vermieters zahlen, und zwar ausdrücklich „unter Vorbehalt“. Es bleibt dann ausreichend Zeit, um die Betriebskostenabrechnung und die sich daraus ergebenden Forderungen des Vermieters oder Mieters durch einen Rechtsanwalt bzw. Fachanwalt für Mietrecht ohne Risiken für den Mieter überprüfen zu lassen.
Guten Tag, mein Vermieter, die LEG, hat bei der Betriebskostenabrechnung zwei Dinge aufgeführt:
1. Name/Hersteller der Heizkostenverteiler
2. Heikostenzähler-Nummer
3. Heizkostenverbrauch nach Zählernummer
Alle drei Punkte sind falsch angeben.
Ich habe einen anderen Hersteller als die LEG in der BKA angibt, die Zählernummern stimmen auch nicht und der Verbrauch der auf meinen Zählern steht, ist abweichend von dem, was die LEG in der BKA angibt.
Bis heute reagiert sie nicht auf meinen Widerspruch.
Wenn ich einen kostenpflichtigen Service in Anspruch nehmen muss, weil bei der LEG scheinbar nur mit Rechtsbeistand zu einer Reaktion kommt, kann ich das der LEG in Rechnung stellen?
Ich sehe nämlich nicht ein, das ich die Unkosten tragen muss, nur damit die darauf reagieren.
Zusammengefasst: Bei inhaltlichen Fehlern muss unbedingt das Wort „Einsicht“ in die Rechnungen stehen. Alle anderen Aufforderungen darf der Vermieter ignorieren. Und der Mieter hat nur 1 Jahr Frist die Einsicht in die Rechnungen zu fordern. Der Vermieter darf bis zu 3 Jahre die falsche Nebenkostenabrechnung einfordern. Ich rate jedem beim Mieterschutzbund Mitglied zu werden, damit Vermieter nicht mehr mit falschen Nebenkostenabrechnungen durchkommen.